Zum 80. Mal jährte sich am 15. April 2025 der Tag der Befreiung des Konzentrationslagers Bergen-Belsen durch britische Truppen. Aus diesem Anlass fand am vergangenen Sonntag eine beeindruckende Feier am Obelisken, der zentralen Gedenkstätte auf dem ehemaligen Lagergelände, statt. Mit dabei war auch eine Gruppe von rund 40 Personen aus dem Kreis Olpe, die der Einladung des Attendorner WELTLADENS gefolgt waren. Der Organisator Wendelin Heinemann freute sich besonders über das Interesse vieler Jugendlicher, von denen das St.-Ursula-Gymnasium mit zehn Teilnehmenden die größte Gruppe stellte.
Die Fahrt zur Gedenkstätte Bergen-Belsen war den Schülerinnen aus der Jgst. 10 ein besonders Anliegen. Zuvor hatten sie im Deutschunterricht „Das Tagebuch der Anne Frank“ gelesen und im Geschichtsunterricht über den Völkermord an den Juden in Europa gesprochen. Nun an dem Ort zu stehen, an dem die gleichaltrige Anne Frank und ihre Schwester Margot starben, hat tief berührt. Durch Hunger geschwächt, endete nach einer Typhus-Erkrankung deren Leben kurz vor der Befreiung des KZs durch britische Truppen. Am Gedenkstein für die beiden jüdischen Mädchen wurde in der eher idyllischen Heidelandschaft die grausame Geschichte für die Schülerinnen zur greifbaren Wirklichkeit. Nachdenklich stimmte auch die Begegnung anderer Teilnehmer mit einem 84-jährigen Überlebenden aus den USA. Angesichts zunehmender antisemitischer Strömungen in Deutschland erkundigte er sich, ob für die Juden erneut Grund zur Sorge bestehen müsse.
Überhaupt standen bei der Gedenkfeier die Überlebenden im Mittelpunkt. 56 von ihnen waren mit ihren Nachkommen aus aller Welt nach Bergen-Belsen gekommen. Ebenso 17 Personen, die nach Kriegsende als Kinder der jüdischen Überlebenden im dortigen Lager für Displaced Persons zur Welt kamen. Ihnen allen galt der besondere Gruß des niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil. Für die britischen Streitkräfte sprach die Vize-Premierministerin Angela Rayner. Sie schilderte nach Berichten von Augenzeugen die unvorstellbaren Umstände, welche die Soldaten bei der Befreiung des Lagers vorfanden. Der israelische Botschafter Ron Prosor warnte in seiner Ansprache davor, den Holocaust, der wegen seiner unglaublichen Unmenschlichkeit in der Geschichte im negativen Sinne einzigartig ist, durch Vergleiche zu relativieren und damit zu verharmlosen.
Anita Lasker-Wallfisch, eine Überlebende von Bergen-Belsen, sagte einmal: „Nur der kann wahrhaft von dem Schrecken der Lager berichten, der dabei gewesen ist.“ Daher nahmen die Wortbeiträge von fünf Überlebenden einen Großteil der Gedenkfeier ein. Die Schilderungen ihres Leidensweges und des Schicksals ihrer Familienangehörigen gingen den Zuhörern unter die Haut. Ihr aller Appell an die Zuhörer lautete: „Wenn ihr Unrecht oder Hass seht, dann handelt und schaut nicht nur zu“ oder auch „Neutralität in einer solche Situation ist Feigheit.“
Am Ende der Veranstaltung fasste Emmy (10a) ihre Emotionen u.a. in folgende Worte: „Der Gedanke, dass es niemandem leid tat, so viele Menschen leiden und sterben zu sehen, lässt mich an der Menschheit zweifeln.“
Die Teilnahme so vieler Jugendlicher an der Gedenkfeier jedoch gibt Anlass zur Hoffnung für die Zukunft.
Doris Kennemann